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Das Ende der WeltDie Osterinsel - der Untergang und die Wiedergeburt einer polynesischen Kultur. |
Stellt Euch eine Welt vor, die all ihrer Rohstoffe beraubt und hoffnungslos überbevölkert ist. Stellt Euch einen Bürgerkrieg vor, der seit drei
Generationen andauert, alle Kulturgüter Eures Volkes zerstört hat und kein einziges Buch übrig lies. Stellt Euch den totalen Zusammenbruch der
Umwelt vor: Kein Wasser, keine Bäume, keine Lebensmittel und keine Hoffnung für die Überlebenden. Was würdet Ihr sagen, wenn ich Euch erzählte, daß das alles bereits stattgefunden hat? Es passierte vor 300 Jahren und niemand hat etwas davon bemerkt. Es passierte auf einer kleinen Insel, der einsamsten Insel der Welt, 3900 km vom nächsten Festland entfernt. Die Insel ist kaum größer als Sylt, aber für die, die auf ihr lebten, stellte sie die ganze Welt dar. |
Im 18. Jahrhundert "entdeckten" europäische Seefahrer die Insel und die Einwohner, geschwächt von einem drei Generationen währenden Krieg, hatten der Invasion nichts entgegenzusetzen. Die überlebenden Einwohner wurden versklavt und die wenigen Kulturgüter, die den Krieg unversehrt überstanden hatten, fielen den Raubzügen der Holländer und Spanier zum Opfer. Bis heute ist es nicht gelungen, die wenigen verbliebenen Schriftstücke zu entziffern und eine Quelle jahrtausendalter Weisheiten ist damit für immer versiegt. |
Die Marine wollte neue Wälder auf der Insel anlegen. Gute Idee, falsche Methode. Man wählte schnellwachsenden Eukalyptus, und da dieser hier keine natürlichen Feinde hatte, führten die Bäume sich auf wie eine Horde blutgieriger Piraten und zerstörten so ziemlich alles, was noch an einheimischen Pflanzen übrig war. Noch nicht schlimm genug? Über die Jahre waren die eingeschleppten Ratten zu einer echten Plage geworden, und die Marine versuchte, das Problem zu lösen indem man Falken auf der Insel aussetzte. Das Ergebnis: Den Ratten geht es besser als je zuvor, aber Manu Tara, der heilige Vogel der Insel, konnte nur in letzter Minute vor dem Aussterben bewahrt werden. |
Mit jeder Landung kommen etwa 100 Touristen und nur wenige Tage vor der Jahrtausendwende war ich einer von ihnen. Fünf Tage lang genoß ich
polynesische Gastfreundschaft, bewunderte die bis zu acht Meter hohen Moai Statuen, lauschte den Geschichten und Gesängen und entdeckte sowohl die
traurige Vergangenheit der Insel als auch ihre vielversprechende Zukunft. Vor kurzem haben meine Freunde und ich an einem Wochenende einen Kilometer kalifornischer Küste vom Dreck befreit. Und während wir so in einem Haufen von Plastikflaschen, Bierdosen und Zigarettenkippen saßen, erzählte ich meinen Freunden von meiner Reise und immer wieder mußte ich die kleine, grüne Insel inmitten eines gewaltigen Ozeans mit diesem kleinen, blauen Planeten inmitten eines gewaltigen Universums vergleichen. |
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